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Mallorca und die Balearen setzen auf Qualitätstourismus. Eine Inselregion auf der Suche nach der Zukunft.

 

Von Hubert Georg Feil

In der in diesen Wochen zu Ende gehenden Hochsaison auf den Balearen zeichnet sich ein Strukturwandel ab. Europas beliebteste Inselregion (Mallorca, Ibiza, Menorca, Formentera) steht vor einer Neupositionierung. Zielsetzung der aktuellen Balearen-Regierung ist eine weitere qualitative Aufwertung mit innovativen Konzepten für einen Ganzjahres-Tourismus, Offensiven gegen die Zunahme von All-Inclusive-Angeboten und ein nachhaltiger Weg aus der Spanien-Krise mit neuer Bildungspolitik, Kultur und Qualität.

Die vergangenen Sommersaisonen 2011 bis 2015 brachten für die Balearen einen neuen Rekord mit teilweise 99%iger Auslastung der Hotelkapazitäten. Im Jahr 2014 zeichnet sich eine neue Rekordserie im Tourismus an, von Januar bis Oktober 2014 starteten und landeten 21,757 Millionen Menschen auf dem Airport Son Sant Joan auf Mallorca, 1,3 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2013. Auch die neuesten Zahlen liegen vor, im Oktober wurden 2,22 Millionen Fluggäste gezählt, allerdings 0,2 Prozent weniger als vor einem Jahr. Im Jahr 2015 wurde eine erneute Zunahme verzeichnet.

Mehr als 3,5 Millionen Flugreisende kamen alleine im August mit 24.000 Flügen in Palmas Airport Son Sant Joan an. Diese Zahlen könnten Touristiker euphorisch stimmen, allerdings sind die wirtschaftlichen Zahlen gerade für viele Hotels auf Mallorca und Ibiza nicht zufriedenstellend. Seit 17 Jahren ist die Profitabilität der Hotels kontinuierlich gesunken. Als Gründe nennen Touristiker die Zunahme von All-Inclusive-Angeboten, Dumpingpreise mit damit verbundener Ertragsschwäche für touristische Betriebe, sowie unzureichende Qualität im europäischen Vergleich. Die langjährige Billigpreis-Strategie rächt sich bitter, auch die Konzentration auf den Sommertourismus wird dafür verantwortlich gemacht.

„Wir stehen im Wettbewerb mit vielen attraktiven Zielen in Europa und müssen das Bild, die Visionen, die Images, welche wir Europa und der Welt liefern, verändern.“ Dies kündigte der Balearen-Präsident José Ramón Bauzá an, er wünscht sich eine Neu-Positionierung der Inselregion. Nicht immer noch mehr Touristen, sondern Reisende mit Sinn für Qualität und der Bereitschaft, für ein außergewöhnliches Reiseangebot auch einen fairen Preis zu bezahlen. Idealerweise wünscht man sich auch einen anderen Gast, der die Vielfalt der Inseln auch außerhalb der Hotels wahrnimmt und möglichst mehrmals im Jahr auf die Inseln reist, um Kultur, Kunst, Natur, Sport zu genießen. Präsident Bauzá bezeichnet die Tourismus-Strategien der Vorgänger-Regierung als zu konservativ: „Seit vielen Jahren präsentieren sich die Balearen mit veralteten Tourismus-Konzepten. Wir müssen in die Zukunft investieren, gegen Billig-Tourismus und den Ausverkauf der Inseln kämpfen.“

Balearen-Präsident Bauzá im Gespräch mit Hubert Georg Feil (Culturebrand / paradisemedia) und Sven Busch (dpa)
Balearen-Präsident Bauzá im Gespräch mit Sven Busch (dpa) und Hubert Georg Feil (Culturebrand / paradisemedia)

Die 2011 neu gewählte Balearen-Regierung steht vor enormen Herausforderungen, die konservative Volkspartei (PP) holte an diesem Tag die deutliche Mehrheit. Mehr als 1,1 Mrd. Euro Schulden, Kredite von 4,5 Mrd. EURO und eine teilweise mental gelähmte Gesellschaft wurden von der Vorgänger-Regierung (Mitte-Links-Bündnis) hinterlassen. Die dringend notwendigen Umstrukturierungen haben den politischen und institutionellen Betrieb besonders hart getroffen. Weniger Minister, die Anzahl der Staatssekretäre halbiert und von 175 öffentlichen Institutionen wurde die Hälfte geschlossen.

Rendite- und Imageverluste auf den Inseln

Internationale Tourismuskonzerne wie Thomas Cook und TUI setzen vermehrt auf „Sun & Playa“ und All-Inclusive-Angebote für Mallorca und Ibiza. Bei Thomas Cook ist die Ausweitung von All-Inclusive auf mehr als 60% vorstellbar, bei TUI wird über moderatere Zahlen von 30% gesprochen. Angebote waren in den vergangenen Sommersaisonen bereits für 400 EURO und weniger für eine Woche „All-Inclusive“ (incl. Flug und Hotel) zu haben. Bei diesen Preisen bleiben für Hoteliers kaum Gewinne und wenig Spielraum für eine ordentliche Qualität bei der Verpflegung der Hotelgäste. Die Folge sind hohe Rendite- und Imageverluste für die häufig in die Jahre gekommenen Hotels. Hier rächt sich auch die Bequemlichkeit einer Hotelgeneration, welche in Zeiten des 40-jährigen Tourismus-Booms goldene Zeiten erlebt und Modernisierungen lange Jahre aufgeschoben hat.

Tourismus Think-Tanks für den Wandel

Touristiker wünschen sich schon lange eine professionellere Marketing-Strategie und mehr Qualität. Allen voran Álvaro Middelmann, langjähriger Spanien-Chef von Air Berlin und jetzt u.a. Berater der spanischen Airline Air Europe. Das Unternehmen Air Berlin steht seit Jahren für die ausgezeichnete Erreichbarkeit der Balearen von zahlreichen europäischen Flughäfen. Gerade hat Air Berlin eine weitere Reduzierung von Flugkapazitäten nach Palma de Mallorca um bis zu 20 Prozent für die kommende Wintersaison verkündet. Middelmann spricht den mallorquinischen Tourismus-Verantwortlichen aus der Seele: „Es ist ein wirtschaftlicher Unsinn, die meisten Hotels jedes Jahr für sechs Monate zu schließen, anstatt endlich ein attraktives Ganzjahresangebot für Mallorca-Reisende zu schaffen.“

Genau hier setzen die neuen Think-Tanks an, vor allem der Tourismus-Cluster „Balears.t“ in Palma. „Die Konzentration auf Sonne und Strand rechnet sich nicht, wir müssen starke Anreize schaffen, neue Produkte anbieten, um das ganze Jahr auf die Balearen zu reisen“, so Luis del Olmo, Präsident des Clusters und Vize-Präsident der größten spanischen Hotelkette „Meliá“. Der Tourismus-Manager spricht von kreativen, sinnlichen und innovativen Erlebnis-Konzepten und einer Anpassung der Strukturen in Marketing und Promotion. Auch del Olmo spürt eine Aufbruchstimmung und glaubt, dass mit der neuen Regierung die Revitalisierung im Tourismus geschafft werden kann.

Miguel Payeras, Tourismus-Vordenker und Geschäftsführer von Balears.t sieht es pragmatisch: „Wir müssen aufhören, Hotel und Transport über den Preis zu verkaufen und ein Tourismusprodukt kreieren, welches Reisende inspiriert. Das Buch Eins im Tourismus ist nach 40 Jahren Balearen-Tourismus geschlossen, ein neuer Masterplan muss her.“ Die Tourismuskonzerne sind durchaus bereit, dabei mitzuziehen. Allen voran TUI, uneingeschränkter Balearen-Marktführer. Das Unternehmen bringt jedes Jahr mehr als 2 Millionen Reisende nach Mallorca.

Der Balearen-Präsident Bauzá stellt sich den Herausforderungen und fördert gezielt Innovationen im Tourismus. Bauzá: „Seit vielen Jahren wird auf den Balearen von der ‚desestacionalización’ (Entzerrung der Tourismus-Saison) gesprochen, konkret ist bisher kaum etwas passiert.“

Konzepte für die Zukunft

Erste Erfolge kündigen sich an. Ab Herbst 2016 ist mit der „Biennale Mallorca“ ein sechsmonatiges Kultur- und Kunstfestival in Entwicklung. Eine internationale Kunstmesse soll nach dem großen internationalen Erfolg der ART COLOGNE PALMA DE MALLORCA 2007 ebenfalls wieder jährlich ab 2016 stattfinden. Neue Jazz-, Literatur-, Klassik- und große Pop-Events sind geplant. Mittlerweile gibt es in Palma de Mallorca zwei jährliche internationale Filmfestivals, das „Evolution Mallorca Film Festival“ im November und mit „Mare Mostra“ ein vielbeachtetes und liebevoll kuratiertes Ocean-Themen-Film-Festival im Mai. Bekannt ist Palma auch für eine innovative Galerie-Szene mit mehreren schönen und gutbesuchten Kunst-Happenings im Jahr. Das Sportangebot auf den Balearen soll erweitert und neben Gesundheits- und Naturtourismus mit Golf, Wandern und Mountainbiking beworben werden. Im Jahr 2016 erfolgt dann auch voraussichtlich die seit Jahren verschobene Eröffnung des neuen Kongress-Palastes von Palma. Erhofft wird von diesem Prestigeprojekt eine dringende Aufwertung von Mallorca als wichtigem Kongressplatz. Im Bereich Incentive-Reisen und Events ist Mallorca seit vielen Jahren für internationale Unternehmen bereits führend, der Bereich Kongress-Tourismus ist kaum relevant mangels geeigneter und attraktiver Conference-Locations auf der Insel.

Im Think-Tank mit dem Balearen-Präsidenten José Ramón Bauzá. Sven Busch (dpa), Kate Mentink Duncan (Centre Balears Europeo), Präsident Bauzá und Hubert Georg Feil von Culturebrand.
Im Think-Tank mit dem Balearen-Präsidenten José Ramón Bauzá. Sven Busch (dpa), Kate Mentink Duncan (Centre Balears Europeo), Präsident Bauzá und Hubert Georg Feil (Culturebrand und paradisemedia).

Auch im Hotelbusiness zeigt eine neue Generation, welche Auswirkungen neue Innovationskonzepte bedeuten können. Das legendäre Hotel Formentor im Insel-Norden wird weiter aufwendig restauriert, setzt verstärkt auf imagebildende Kulturveranstaltungen und war auch Schauplatz des 2011 auf Mallorca produzierten Hollywood-Films „Cloud Atlas“ des Produzententeams Tom Tykwer/Wachowski-Brothers mit Tom Hanks, Halle Berry und Hugh Grant in den Hauptrollen. Das Designhotel Puro in Palma’s Altstadt bietet spannende „Event-Packages“ mit Nachtwanderungen in der vor kurzem von der UNESCO als Weltkulturerbe ausgezeichneten Serra de Tramuntana, Mallorcas grandioser Berglandschaft, Besuche in Mallorcas Künstlerateliers, Fashion-Events, angesagte Lounge-Parties und Yoga-Kurse im eigenen Beach-Club an. Im Luxus- und Fünfsterne-Segment wird investiert, die Hotelgruppe Jumeirah aus Dubai eröffnete im März 2012 in Sóller eines der exklusivsten Hotels der Insel und die Top-Häuser Mallorcas „Castillo Hotel Son Vida“, „Cap Rocat“, „La Residencia“ und „St. Regis Mardavall“ ziehen internationale Klientel an.

ITB Berlin ist Gradmesser
Die nächste Feuerprobe für die kommende Tourismus-Offensive steht in wenigen Wochen vom 3.-6. November 2014 bevor. Dann präsentieren sich die Balearen auf dem WTM (World Travel Market) in London. Wichtigste Präsenz für den Balearen-Tourismus wird jedoch die internationale Tourismusmesse ITB im März 2015 in Berlin sein, bis zu diesem Termin soll wieder eine neue „Balearen-Tourismus-Strategie“ auf den Weg gebracht sein Die ITB ist seit Jahren ein Gradmesser für die dann kommende Saison.

Federführend in der touristischen Vermarktung ist die seit 2010 bestehende ATB (Agencia de Tourismo Balear), die mit fast 70 Mio EURO ausgestattete staatliche Tourismus-Organisation und für Promotion und Werbung der Balearen verantwortlich. Das ansehnliche Budget darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die ATB-Vorgänger-Institution IBATUR mehr als 560 Mio EURO unbezahlte Rechnungen, sowie mehrere Korruptions-Skandale hinterlassen hat. Im neuen Ministerium ist man um Transparenz, Hilfe und seriöses Handeln bemüht.

Gleichzeitig träumte der ehemalige und 2013 zurückgetretene Tourismus-Minister Carlos Delgado auch vom „Großen Preis von Mallorca“, einer Teilnahme am internationalen Formel-1 Wettbewerb. Deren Besitzer Bernie Ecclestone war schon mal auf Mallorca und es standen erhebliche Forderungen wahnsinniger Größenordnungen im Raum. Mehr als 35 Mio EURO hätte Mallorca der Formel-1-Spaß gekostet, für ein einziges Wochenende wohlgemerkt. Ob die internationale Strahlkraft des Formel-1-Zirkus ausreicht, um Mallorca Qualitäts-Ambitionen zu unterstützen, ist ungewiss. Das Thema „Formel 1“ ist auf Mallorca vom Tisch, es gibt wichtigere Baustellen. Egglestone hatte auch andere Sorgen durch den spektakulären Korruptionsprozess vor den Münchner Gerichten.

Der aktuelle Tourismus-Minister Jaime Martínez Llabrés steht dem All-Inclusive-Phänomen mit Realismus gegenüber: „Politik kann den Markt nicht regulieren, wir können nur Qualität dagegensetzen.“ Der Minister bekräftigt, dass die touristische Qualität auf den Balearen nicht mehr ausreichend ist, er hat Erleichterungen für Investitionen angekündigt. Die Balearen-Regierung unterstützt auch die Modernisierung der 16 km langen „Playa de Palma“, hier befindet sich die vor allem bei deutschen Urlaubern beliebte Ballermann-Region. In den nächsten Jahren wird dort die Kapazität von 40.000 Hotelbetten um 25% reduziert, in Qualität und Sicherheit investiert. Gleichzeitig wurde am Ballermann ein neuer Regelkatalog eingeführt, der unter anderem das bekannte „Kampftrinken“ am Strand untersagen und auch die wuchernde Prostitution eindämmen soll. Die an diesem Party-Strandabschnitt oft abgewohnten Ein-, Zwei- und Drei-Sterne-Hotels sollen zum Teil geschlossen werden, den bisherigen Ballermann-Tourismus wird es dann in dieser Form nicht mehr geben. Noch zögert man in der Regierung, die schäbigsten Unterkünfte zu schließen, obwohl dies nach aktueller Gesetzeslage durchaus möglich wäre.

Kommunikation verbessern

Der Präsident der Balearen, José Ramón Bauzá, im Gespräch mit Hubert Georg Feil (paradisemedia / Culturebrand)
Balearen-Präsident José Ramón Bauzá und Hubert Georg Feil (paradisemedia/ Culturebrand). Nachdenken über Zukunft der Balearen, Tourismus, Kultur, Bildung, Sport, Europa-Projekte.

Während die letzte Balearen-Regierung vor allem für die Präsenz der Katalanischen Sprache mit vielen Millionen Euro trommelte, setzt die neue Regierung jetzt eine Normalisierung der Sprachenpolitik um. Präsident Bauzá: „Unsere Sprache ist spanisch, katalanisch ist co-offizielle Sprache.“

Der Politiker sieht die Notwendigkeit in der Verbesserung von Kommunikation und Marketing und verpflichtet balearische Politiker nun zu Kenntnissen der englischen Sprache: „Wir machen Geschäfte mit Europa und müssen in der Sprache der Europäer kommunizieren.“ Die Fakten sind ernüchternd, weniger als 15% der balearischen Bevölkerung spricht englisch, eine katastrophale Situation in der wichtigsten Tourismus-Destination von Europa.

Zeitalter der Bildung

Die Wirtschaft auf den Balearen hängt zu 80% am Tourismus. Eine nachhaltige Zukunft wird daher vor allem in einer Verbesserung des Bildungssektors und einem hochwertigen Tourismus gesehen. Bauzá („Dies wird das Zeitalter der Bildung.“) fordert ein Umdenken. Die Weder-Noch-Generation („Ni-Ni-Generación“) in Spanien bereitet ihm größte Sorgen, jeder zweite Jugendliche ist auf den Balearen ohne Arbeit und Ausbildung. Dazu kommt die hohe Schulabbrecherquote von 40,8%. Unzureichende Bildung, kaum Sprachenkenntnisse und stark verbreiteter Nationalismus verhinderten auf den Inseln bislang eine Offenheit gegenüber Europa und verstärkten das Misstrauen gegen die Politik. Bei der Schaffung von neuen Strukturen braucht die neue Regierung vor allem Rückhalt und Vertrauen der balearischen Gesellschaft. Eine schwierige Aufgabe, wie der trotz allem optimistische Präsident Bauzá weiß: „Wir müssen vermitteln, dass die Jahre der Stagnation vorbei sind.“

Jedes Jahr im September findet die lange Kunstnacht „Nit de l’Art“ in Palma de Mallorca statt. Tausende von Kunstliebhabern pilgerterten wie immer durch die zahlreichen Galerien und Museen in Palmas Altstadt. Manche Flüge und Hotels waren anlässlich dieses Abends ausgebucht. Für balearische Politiker und Kulturschaffende ein Pflichttermin, der Besuch von zahlreichen Galerien in Palma de Mallorca gehört nicht nur zum Pflichtprogramm, sondern ist eine der wichtigsten Netzwerk-Veranstaltungen des Kulturjahes in der balearischen Hauptstadt. Unter den Teilnehmern der Kunstnacht war auch Exmo. Don Javier Salinas Viñals, der Bischof von Mallorca (Obispo de Mallorca), der unermüdlich bei der traditionellen Weihnachtsmesse in Palma’s Kathedrale La Seu im Dezember eines jeden Jahres vor der versammelten mallorquinischen Gesellschaft mit erhobenem Zeigefinger verkündet: „Ihr müsst endlich freundlicher zu unseren europäischen Gästen und Touristen sein.“

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