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Vortrag von Hubert Georg Feil


Paradigmenwechsel im Kulturbetrieb!
Unternehmen als Corporate Citizens – Kultur als Partner von Unternehmen.

Über die Notwendigkeit von Kulturkommunikation in Unternehmen und neue Partnerschaften mit Unternehmen für die Finanzierung und Realisierung von Kunst- und Kulturprojekten.

Von Hubert Georg Feil

Kultur ist ein unentbehrliches Mittel zum Überleben und zur Weiterentwicklung unserer Gemeinschaft. Ein Gemeinwesen, speziell eine städtische Gesellschaft, muß ein grundsätzliches Interesse an einem vitalen kulturellen Leben haben. Kultur ist dabei im doppelten Sinn nicht „umsonst“: weder sinn- oder nutzlos, noch umsonst zu haben.

Die Rollen bei der Bereitstellung dieses „Überlebensmittels“ scheinen zwischen Publikum, Kulturschaffenden, Kulturpolitik und Wirtschaft verteilt. Aus Sicht der Kommunen, die üblicherwiese einen Großteil des Kulturangebots finanzieren, geht es zuerst einmal um die notorisch klammen Kassen – Kultur muß hier oftmals für Konsolidierungsmaßnahmen herhalten.

Für Unternehmen hat Kultur und (kultureller) Bildung u.a. anderem positive Auswirkungen, z.B. als Motivation für Mitarbeiter, als Standort- und Wettbewerbsfaktor. Gleiches wie für Unternehmen und deren Mitarbeiter gilt für eine Kommune und ihre Bürger Und zuletzt muß es für die Kulturschaffenden darum gehen, die Grundlagen und Mittel für künstlerisches Tun und damit ihre Existenz zu sichern. Ist dies wirklich so? Wenn ja, kann dies so bleiben?

Unter der Perspektive des 3. Bildungsforums zum „Paradigmenwechsel im Kulturbetrieb“ geht es besonders um drei Aspekte:

  1. Wie und weshalb „lohnt“ sich das gesellschaftliche Engagement für Kunst und Kultur für die Unternehmen?
  2. Was können sich Unternehmen als „Corporate Citizen“ auf der einen und die Kulturschaffenden auf der anderen Seite gegenseitig geben – was können und müssen die Kulturschaffenden also für Kulturfinanzierung durch Unternehmen tun, wie kann gleichzeitig die Unabhängikeit der Kultur gewährleistet bleiben?
  3. Welche Rolle werden in Zukunft die kommunale Kulturverwaltung und die Kulturpolitik spielen? Wie wird Kultur zukünftig finanziert werden?

A. Unternehmen als Corporate Citizens

In einer Zeit, da die öffentlichen Kassen leer sind, müssen immer mehr gemeinnützige Organisationen neue Wege gehen, die erforderlichen finanziellen Mittel für ihre Projekte zu beschaffen. Deshalb sind auch Non-Profit-Organisationen gezwungen, professioneller zu arbeiten und sich und ihre Dienstleistungen besser zu „verkaufen“.

Durch diese Vermarktung können sie die Finanzierungslücken schließen, die sich durch die leeren Kassen der öffentlichen Hand auftun. Neben den „klassichen“ Wegen der Mittelbeschaffung wie Spenden/ Mäzenatentum haben sich Sponsoring; Fundraising oder Corporate Volunteering oder Public Private Partnerships etabliert.

Wie und weshalb „lohnt“ sich das gesellschaftliche Engagement für Kunst und Kultur für die Unternehmen? Was bedeutet „Corporate Citizenship“ aus Unternehmenssicht, und was heißt dies im Bereich von Kultursponsoring? Zuvor jedoch noch eine Klärung verschiederner Begriffe:

Der Begriff Fundraising kommt aus dem Amerikanischen und bedeutet allgemein Beschaffung von (Geld-)Mitteln (Fund = Geld, Kapital und to raise = etwas aufbringen). In den USA hat Fundraising schon eine sehr lange Tradition. Ein etwas enger gefasster Fundraising-Begriff beschränkt Fundraising auf die Beschaffung von Mitteln für am Gemeinwohl orientierte Zwecke, die durch den Geber ohne eine deren Marktwert entsprechende Gegenleistung des Empfängers bereitgestellt werden, also auf Spenden jeglicher Art.

Unter Sponsoring wird üblicherweise die Gewährung von Geld oder geldwerten Vorteilen durch Unternehmen zur Förderung von Personen, Gruppen und/oder Organisationen in sportlichen, kulturellen, kirchlichen, wissenschaftlichen, sozialen, ökologischen oder ähnlich bedeutsamen gesellschaftspolitischen Bereichen verstanden, mit der regelmäßig auch eigene unternehmensbezogene Ziele der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt werden.

In diesem Zusammenhang sind auch Public Private Partnerships (PPP) zu erwähnen. Public Private Partnerships bedeuten Entwicklungspartnerschaft zwischen öffentlicher Hand und Wirtschaft. Dieses Instrument wurde v.a. dazu entwickelt, eine leistungsfähige Infrastruktur in den Entwicklungs- und Schwellenländern aufzubauen.

Die Bundesregierung fördert hier beispielsweise die Kooperation von Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit mit der Wirtschaft. Genauso jedoch sind PPP auf nationaler, regionaler oder kommunaler denkbar. Zu den Stärken von PPP zählen die Unternehmensnähe und flexible Einsetzbarkeit. Ziel ist insbesondere auch, dadurch kleine und mittlere Unternehmen anzusprechen, um deren Erfahrung und Innovationskraft zu nutzen. Durch Umwidmung vorhandener Mittel sollen verstärkt strategische Allianzen mit der Privatwirtschaft begründet werden.

Damit sind wir beim Begriff „Corporate Responsibility“ bzw. „Corporate Citizenship“ angelangt.

Mit dem Begriff Corporate Citizenship bzw. (fast synonym dazu verwendet) Corporate Social Responsibility (CSR) wird das Selbstverständnis von Unternehmen bezeichnet, die sich als „gute Bürger“ verstehen, die durch freiwilliges Engagement soziale Verantwortung für die Gemeinschaft und für das Gemeinwohl übernehmen. Zu den ergriffenen Maßnahmen gehören alle von Unternehmen und Verwaltungen einmalig oder längerfristig erbrachten freiwilligen Leistungen zum Nutzen für die Gesellschaft auf lokaler, regionaler oder globaler Ebene, die außerhalb ihrer originären Geschäftsfelder liegen.

Dies können zum Beispiel die Förderung von Kindern und Jugendlichen sein, die Unterstützung von gemeinnützigen Einrichtungen durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen, aber auch eine Unterstützung oder vorübergehende Freistellung von Mitarbeitern für gemeinnützige Angelegenheiten, bei der Katastrophenhilfe oder beim Umweltschutz (Corporate Volunteering).

Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen zeigt sich aber auch in der Gründung vielfältiger Stiftungen mit gemeinwohlorientierten oder kulturellen Zielen.

Grundgedanke ist, dass jedes Unternehmen Teil der Gesellschaft ist und sich über sein Eigeninteresse hinaus für die Gesellschaft einsetzen sollte. Dabei wird argumentiert, dass ein solches Verhalten letztlich auch der Verbesserung des Bekanntheitsgrades und des Images und damit dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit dienlich sei. Damit ergäben sich sowohl für das Gemeinwesen, als auch für das Unternehmen selbst sowie für die Mitarbeiter Vorteile und es werde so Eigen- mit Gemeinnutz verbunden.

Besonders vor dem Hintergrund der Diskussion um die Folgen der Globalisierung hat sich die Debatte um die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen wieder verstärkt. Doch bereits Mitte der 70er Jahre wurde eine intensive Diskussion über die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen geführt, die sich in Projekten wie den Sozialbilanzen als gesellschaftliche Rechnungslegung der Unternehmen niederschlug. Besonders große Unternehmen dokumentieren ihre soziale Verantwortung heute mehr und mehr in speziellen Reports. Corporate Citizenship wird heute auch auf internationaler Ebene (z. B. UNO, ILO, OECD, EU) intensiv begleitet und unterstützt.

Während besonders in den angelsächsischen und nordischen Ländern Formen gesellschaftlichen Engagements eine lange Tradition haben und publikumswirksam kommuniziert werden, herrschen in manchen Ländern wie etwa Deutschland eher stillschweigende Aktivitäten vor. Erst in neuerer Zeit ist man auch hier dazu übergegangen, dieses Thema öffentlicher zu diskutieren. So startete zum Beispiel die „Wirtschaftswoche“ gemeinsam mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft unter dem Titel „Freiheit und Verantwortung“ einen eigenen Wettbewerb, um herausragendes gesellschaftliches Engagement einzelner Unternehmen zu prämieren.

Bei aller guten politischen Absicht der weiteren Stärkung dieses Engagements durch öffentliche Appelle und ungeachtet der langen Traditionen besonders größerer Unternehmen sich für das Gemeinwohl einzusetzen, sind derzeit in Deutschland die unternehmerischen Rahmenbedingungen hierfür eher noch ungünstig: So werden die Unternehmen nicht nur durch hohe Steuer- und Sozialabgabenlasten bereits von staatlicher Seite zu großem finanziellen Engagement für das Gemeinwohl im weitesten Sinne „gezwungen“, sondern auch über eine Vielzahl von behördlichen Auflagen hierzu angehalten.

Nicht zu vernachlässigen ist, dass sich in Marktwirtschaften ein unternehmerischer Gemeinwohlbeitrag auch aus ihrer erfolgreichen Marktteilnahme und einer knappe volkswirtschaftliche Ressourcen schonenden Betriebsführung ergibt. So nutzt letztlich der wirtschaftliche Eigennutz auch über die „unsichtbare Hand“ des Marktes dem Ganzen.

Der ehemalige Wirtschaftssenator von Hamburg, Thomas Mirow, nennt zwei Zahlen: Die unbezahlt geleisteten Tätigkeiten der Bürgerinnen und Bürger in verschiedenen Organisationen der Bundesrepublik entsprechen einem zeitlichen Volumen von einer Million Vollzeitbeschäftigten. Jeder dritte Erwachsene arbeitet ehrenamtlich und mehr als zwei Millionen Bundesbürger sind in gemeinnützigen Einrichtungen und Projekten beschäftigt.

Corporate Volunteering im Corporate Cizitzenship

Dieses Corporate Volunteering als Instrument der Corporate Citizenship findet somit eine breite Zustimmung in Politik und Gesellschaft. Unternehmen profitieren dabei zudem von einer sozialen Sensibilisierung ihrer Mitarbeiter, die auch im Arbeitsalltag – gerade unter dem von Seiten der Wirtschaft angemeldeten Bedarf an „soft skills“ – eine langfristig erfolgreiche Maßnahme darstellen kann.

Wenn es richtig ist, dass bei einer wissensbasierten Produktion, in einer wissensbasierten Wirtschaftsgesellschaft die Motivation, die Zufriedenheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern immer wichtiger werden, um geschäftlich Erfolg zu haben, dann ist klar, dass die Förderung dessen, was außerhalb der unmittelbaren Arbeitswelt dazu beiträgt, auch ein ökonomisches Interesse der Unternehmen ist und keineswegs nur ein gesellschaftliches.

Die Schwierigkeiten, eine Corporate Citizen-Strategie im Unternehmen zu implementieren, dürften bei den Instrumenten Sponsoring und Stiftungen neben den finanziellen Aufwendungen in einer Erfolgskontrolle der Investitionen liegen, sofern ein wirtschaftsethisches Gedankengerüst nicht von vornherein in den Zielsetzungen der Unternehmung verankert sein sollte.

Im Auftritt als Corporate Citizen kann es zu Schwierigkeiten kommen, die ein einheitlich wahrnehmbares und damit auch in der Unternehmens-Kommunikation integrativ darstellbares Erscheinungsbild betreffen. Schließlich müssen auch Fragen danach begründet sein, warum bestimmte Engagements eingegangen und damit andere Möglichkeiten und Problemstellungen abgelehnt werden.

Ebenso problematisch wird die grundsätzliche Fragestellung eines Global Players sein, von welcher Nation er denn konkret ein Corporate Citizen ist bzw. wie sich ein interkultureller Auftritt als Corporate Citizen gestalten kann.

Kritische Überlegungen der Corporate Citizenship im politischen Rahmen sollen nicht verschwiegen werden. Die Kehrseite eines derartigen unternehmenspolitischen ’Einmischens’ liegt natürlich in der Gefahr einer privatwirtschaftlichen Vereinnahmung der öffentlichen Debatte oder der Kunst.

Um Machtmissbrauch und eine entsprechende Unterwanderung der Bürgerpolitik durch Partikularinteressen zu verhindern, ist es deshalb von grundlegender Bedeutung, dass eine Unternehmung in solchen Fragen auch wirklich als Bürger und nicht als Besitzbürger handelt, dass sie mithin die eigenen Interessen dem Engagement als Bürger unterordnet.

Im Bereich „Kunst“ und „Kultur“ hat dies eine besondere Brisanz.

Kultur, Kunst und Musik bewegen sich immer im Spannungsfeld von Autonomie und Zweckgebundenheit.

Wenngleich man vorsichtig mit den Begriffen Sinn oder Zweck oder gar Wirtschaftlichkeit von Kunst umgehen sollte, ist Kunst in gewisser Weise auch immer kommerziell wenn es sich nicht gerade um eine Privatangelegenheit handelt. Insgesamt scheint sich die Überzeugung durchzusetzen, daß Kunst und Wirtschaft sich nicht zwangsläufig gegenseitig ausschließen. Vielmehr können beide Bereiche vom jeweils anderen profitieren.

Tatsächlich finden sich auch vermehrt wirtschaftliche Argumente für die Förderung von Kultur. Gleichwohl besteht die Gefahr, daß der Kunst der nötige Freiraum genommen wird, um sich lebendig und kreativ zu entwickeln. Die Folgen wäre, daß unwirtschaftliche kulturelle Aktivitäten nicht mehr realisiert werden könnten, daß eine Art mainstream-Kultur die Regel und die Kunst zum reinen Standortfaktor oder Marketinginstrument verkümmern würde.

Corporate Citizens sind Teil der Bürgergesellschaft und können diese in ihrer Eigenverantwortung und Selbstorganisation stärken. Zum Gelingen von „Good Corporate Citizenships“ wird es von entscheidender Bedeutung sein, Aufklärungsarbeit in Unternehmen, der Öffentlichkeit und Politik zu betreiben, bevor unter einem möglichen Modebegriff von Corporate Citizenship mangelhaft durchdachte Konzepte oder lediglich ein kurzfristiger Aktionismus überhand nimmt. Hierzu müssen sich Wissenschaftler, unabhängige Berater und Medien gleichermaßen aufgefordert fühlen.

Gerade Deutschland hängt im internationalen Vergleich der Industrienationen, vor allem den USA und Großbritannien noch weit mit strategisch durchdachten Ansätzen von Corporate Citizenship hinterher. Möglicherweise kann aber dieses Defizit einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, im interdisziplinären Diskurs Corporate Citizen-Konzepte zu etablieren, die den Sinn ihres Kerngedankens – mehr Verantwortung in der Wirtschaft zu realisieren – besonders gerecht werden können.

Außerdem wird es in der Diskussion um Corporate Citizenship von Bedeutung sein, gesellschaftliche Verantwortung der Wirtschaft nicht statisch zu betrachten, sondern soziale Problemstellungen und Herausforderungen dynamisch zu analysieren. Nur ein solches Vorgehen wird die „Lebendigkeit“ und damit Relevanz facettenreicher Corporate Citizenship-Maßnahmen gewährleisten können.

B. Kultur als Partner von Unternehmen

Was können sich vor diesem Hintergrund Unternehmen als „Corporate Citizen“ auf der einen und die Kulturschaffenden auf der anderen Seite gegenseitig geben – was können und müssen die Kulturschaffenden also für Kulturfinanzierung durch Unternehmen tun, und wie kann gleichzeitig die Unabhängikeit der Kultur gewährleistet bleiben?

Dies soll an einem konkreten Beispiel aus Regensburg gezeigt werden: was kann ein Umdenken der Kulturschaffenden für eine nachhaltige Partnernerschaft mit Unternehmen bedeuten?

Beispiel Donumenta: ambitionierte, qualitative und wertvolle Institution in Regensburg, die aber weder die angemessenen Mittel erhält noch eine entsprechende bundesweite und europäische Außenwirkung besitzt.

Warum ist dies so, und was müsste ein Kulturbetrieb wie die donumenta tun, um als Partner für Unternehmen wahrgenommen zu werden, wertvoll zu sein und schließlich die entsprechende Unterstützung aus der Wirtschaft in Form von z.B. regelmässigem Sponsoring oder Corporate Volunteering zu erfahren?

Die These:

Gefordert sind z.B. ein gemeinsames Marketing, eine professionelle Pressearbeit, ein strategisches Sponsoring, etc. der Kultureinrichtungen:

„Wer alleine arbeitet, addiert, wer zusammen arbeitet, multipliziert!“

Gefordert sind ebenso:

— Selbständigkeit

— Leistungsbereitschaft

— Selbstkritik

— Unternehmerischer Geist.

Hier stößt man auf ein Paradoxon: wie passen die zentrale Verwaltung bestimmter Bereiche mit der Selbständigkeit kreativer selbstgesteuerter Systeme zusammen? Wie kann man einerseits die Eigenständigkeit der Kultur bewahren/ erreichen, andererseits Kulturfinanzierung systematisieren und auf eine gesicherte Basis stellen?

Dies kann und muß funktionieren! Als gutes Beispiel mögen die Schulen dienen: Der internationale Vergleich bei Schulen zeigt, daß sie besser abschneiden, je weniger zentralistisch sie verwaltet und je mehr sie selbständig organisiert sind.

Das Nervensystem der Bildung verläuft nicht in den Ebenen und Körperschaften der Administration!

Gleiches gilt für Kultur: sie muß selbst handeln und ihr Geschick gestalten können – Kreativität kann nur unter den Rahmenbedingungen eines selbststeuernden Systems funktionieren. Soweit ist das auch nichts Neues, genausowenig wie die Problematik der Kulturfinanzierung.

Spätestens seit dem Wandel im Selbstverständnis der Künstler und der Entwicklung des Leitbilds der „Autonomen Kunst“ ist das Auftragswerk eher die Ausnahme – Künstler schaffen ihre Kunstwerke quasi als ihre eigenen Auftraggeber und hoffen auf einen Verkaufserfolg, sind also den Mechanismen des Marktes ausgesetzt. Kurz gesagt, dreht sich um diese Ausgangslage die ständige Debatte um den Sinn oder Unsinn von Kulturfinanzierung durch die öffentliche Hand. Die Extrempositionen heissen „Marktversagen“ und „Pech gehabt“.

Regensburg könnte (wenn es Regensburg wirklich will) zum Modellfall einer Stadt für den kreativen Umbau unserer Kulturgesellschaft werden. Dieser beginnt mit der Erkenntnis, daß das wirtschaftliche Anspruchsdenken in einem angemessenen Verhältnis zur wirtschaftlichen Lage einer Kommune stehen sollte.

Nur wenn auch in der Kultur ein verändertes Kostenbewußtsein herrscht, wird sich verteidigen lassen, daß Mittel für die Kultur nicht als Subvention, sondern als Investitionen in die Zukunft angesehen werden, genauso wie Bildung, Forschung oder Wissenschaft.

Nachhaltigkeit und Vorhaltigkeit

Nachhaltigkeit braucht mehr als alles andere die Akzeptanz und die Bereitschaft zur Verhaltensänderung, über Wissen und Bewußtsein hinaus. Deswegen ist die politische Forderung nach nachhaltiger Entwicklung auch eine Aufforderung an die Gesellschaft zur Reflexion über die Grenzen menschlichen Verhaltens, von Verhaltensmotiven und Lebensstilen.

Die Frage, wie ein Übergang in eine nachhaltige Gesellschaft erreicht werden kann, rückt immer mehr in den Mittelpunkt. Das läßt sich als Hinwendung zur kulturellen Seite der Nachhaltigkeit begreifen, welche die bisher im Vordergrund stehende „grüne“ Seite ablöst. Zentral ist dabei eine Vermittlung zwischen ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Dimensionen und Zielen.

C. Kulturpolitik der Zukunft?

Kultur benötigt vor allem Dialog, kreative Impulse, professionelle Strategien und den Willen zur Umsetzung und zur Begehung neuer Wege. Verantwortliche Kulturpolitik der Zukunft wird mit einer Verringerung des Einflussbereiches in der kommunalen und landesweiteren Kulturlandschaft leben müssen.

Ich schließe mit einer Reihe von Fragen an Kulturmacher und Kulturpolitiker. Mit diesen Fragen müssen sich die Kulturverantwortlichen und Politiker in den kommenden Monaten und Jahren vermehrt beschäftigen und nach neuen Lösungsansätzen suchen:

  1. Welche konkrete Rolle werden in Zukunft die kommunalen Kulturverwaltungen und die Kulturpolitik spielen?
  2. In welchen Bereichen muss sich eine kommunale Kulturpolitik künftig vermehr engagieren, welche Bereiche sollten Kulturpolitiker den Kulturmachern überlassen? Diese Frage impliziert natürlich, dass sich Kulturpolitiker eben nicht als Kulturmacher verstehen, sondern als wohlwollende und möglichmachende Kulturpolitiker, als Mediatoren für die Kultur in einer homogenen Kultur-Bürgergesellschaft..
  3. Wie wird Kultur zukünftig finanziert werden?
  4. Welche Rolle wird den mitfinanzierenden Unternehmen (Kultursponsoren) in einem kommunalen Kosmos zugestanden?
  5. Hat dies Auswirkungen auf die Kulturpolitik, so wie sie heute gemeinhin verstanden wird?
  6. Ersetzen oder ergänzen Kultursponsoring und Corporate Social Responsibilty in Zukunft die Kulturpolitik?
  7. Wie kann das kulturelle Leben in den Städten zukünftig organisiert sein? Über die Mitverantwortung der Wirtschaft und die Förderung der Eigeninitiative von Kulturbetrieben?

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